Beschreibung
Zeichen und Zeit
“Zeichen und Zeit” benennt wesentliche Komponenten der Realitätskonzeption realistischer Literatur des 19. Jahrhunderts: Ihre Zeichenkonzeption wird an Texten ablesbar, die die Produktion und Rezeption von Bildwerken als gefährlich phantasieren und deren Ă„hnlichkeit mit dem Abgebildeten als eine Gewinn-Verlust-Beziehung konzipieren, in der das Bezeichnete an Leben verliert, was das Zeichen an täuschender Mimesis gewinnt. Realistische Mimesis droht im Extremfall, ihren Gegenstand zu tilgen und in der bloĂźen Realität der Zeichen zu mĂĽnden. Damit verknĂĽpft ist eine literarische Zeit- und Geschichtskonzeption, die sich mit dem semiotischen Problem konfrontiert sieht, motivierte Repräsentanten fĂĽr absente Realitäten, fĂĽr individuelle oder kollektive Vergangenheit zu (er-)finden. Dieser Zusammenhang wird als latente Problemkonstellation fĂĽr ein größeres Korpus von Erzähltexten zwischen 1840 und 1910 – nicht nur fĂĽr KĂĽnstlernovellen oder Geschichstromane – rekonstruiert. Exemplarische Analysen der semantischen Feinstruktur von Texten Storms, Fontanes, Sacher-Masochs u.a. werden dabei auf diskursgeschichtliche Erkenntnisinteressen verpflichtet. DaĂź der Realismus sprachliche gegen bildliche, metonymische gegen metaphorische Zeichen ausspielt und die Gefahren visueller Imagination permanent beschwört, erweist sich am Ende des Jahrhunderts als indirekte Selbstreferentialität der Literatur angesichts zunehmender Medienkonkurrenz: Am Beginn des Zeitalters des Film stößt realistische Literatur explizit an ihre psychologischen und phantastischen Grenzen.
EAN: 9783484350649
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